Klettern im Winter – Gebietswahl, Ausrüstung, Warm bleiben

Was tun, wenn es draußen kalt ist und vielleicht sogar die Hallen zu sind? 5 Monate nicht klettern? Kommt für viele nicht in Frage…
Spätestens seit letztem Jahr ist das Klettern am Fels im Winter für viele ein Thema geworden.
Notgedrungen, bei geschlossenen Hallen.
Ich weiß noch, dass in meinem Kopf während meiner Kletteranfänge das draußen Klettern im Winter nicht existierte… Felsklettern war saisonal auf den Sommer begrenzt.
Mittlerweile liebe ich die Tage am Fels bei kalten Temperaturen, dafür in strahlender Sonne.
In diesem Artikel geht es genau darum: das Klettern im Winter, am Fels.

Wann kann man draußen klettern? Welche Ausrüstung brauchts und vor allem wie wird man richtig warm und hält sich warm?
Ein Sammlung an Tipps fürs Klettern im Winter 🙂

Hier eine kurze Übersicht über den Inhalt:

Klettern im Winter – geht das?
Gebietswahl – welche Wände eignen sich?
Ausrüstungstipps – was hält am besten warm?
3 Grundregeln fürs Klettern im Winter
Aufwärmen
Hände & Finger auffwärmen & warmhalten
Füße & Zehen warmhalten

Klettern im Winter – geht das?Mann beim Sonnenbaden im Winter

Ich nehm es direkt vorweg, für diejenigen, die sich das noch nicht vorstellen können. Natürlich kann man im Winter draußen klettern 😉
Ist das nicht extrem kalt?
Kann es sein, muss es aber nicht.
Wenn man eine schöne Südwand findet und die Sonne scheint kann man teilweise sogar im Tshirt klettern. Der Fels wärmt sich in der Sonne auf und reflektiert zusätzlich Strahlung, wodurch es an der Wand teilweise herrlich warm ist, während man woanders in dicke Schichten eingemummelt durch die Gegend läuft.

Welche Wände eignen sich fürs Klettern im Winter?

In jeder Region sollte man sich informieren, welche Sektoren geeignet sind, um bei kalten Temperaturen draußen zu klettern.
Normalerweise kennt sich die lokale Community aus und weiß, wo man gut hingehen kann.

Auf jeden Fall sollte die Wand südlich ausgerichtet sein und nicht zu hoch gelegen.
Man sollte darauf achten, dass am Wandfuß nicht unbedingt Nadelbäume stehen, die die Sonne abschirmen.
Auch sollte man auf den Zustieg acht<en.
Wer 30 Minuten durch einen eingeschneiten Bergwald stapfen muss, geht das Risiko ein umzuknicken, wenn man unter der Schneedecke in einem der vielen Waldbodenlöcher versinkt.

Natürlich wäre es super, wenn die Sonne scheint!
Sobald die Sonne scheint, ist das Klettern oft bis zu einer gewissen Temperaturgrenze (je nach persönlicher Schmerzgrenze) bis 0 oder -5 Grad Aussentemperatur möglich.

Wände, die sich in Senken befinden eignen sich oft nicht so gut, da kühle Luft absackt und es trotz Sonne klirrend kalt sein kann.

Ein paar Beispiele für super Winterwände in Tirol sind:
Martinswand, Silz, Mieming, Starkenbach, Nassereith, Schleier Wasserfall, Achleiten und und und… Am besten mal das Tiroltopo durchblättern 😉

Schwierig wird es natürlich, wenn das Wetter nicht so mitspielt. Wenn es grau ist und regnet, oder gar schneit.
Und ja… bei solchem Wetter kommt es dann wirklich vor allem auf die eigene Schmerztoleranz an.
Ich selbst komme bei 5 Grad ohne Sonne definitiv nicht mehr klar… Nicht beim Sportklettern.

Dazu sei noch gesagt: wenn Sportklettern nicht mehr geht, kann man meistens trotzdem noch draußen bouldern gehen.
Beim Bouldern sind die Pausen, in denen man sich nicht bewegt, kürzer und man hat in den Pausen mehr Bewegungsfreiheit, wodurch man sich besser warm halten kann.
Auch sind die Kontaktzeiten zwischen Händen und Fels beim Bouldern kürzer und die Hände kühlen entsprechend nicht so stark aus.

Kommen wir nun zum interessanteren Teil: wie hält man sich am besten warm beim Klettern im Winter.

Der erste wichtige Tipp ist natürlich eine vernünftige Ausrüstung.

 

Ausrüstungstipps – was hält am besten warm?

Sichern beim Klettern in warmer Wintermontur

Gerade beim Sportklettern steht man lange fast komplett bewegungslos rum, während man sichert.
Dafür sollte man entsprechend ausgerüstet sein, damit de Körper so wenig Wärme verliert wie möglich.

Deine Standardausstattung im Winter (und teilweise auch schon im Herbst an schattigen Felsen) sollte umfassen:

  • Dicke Daunenjacke (evtl sogar 2 Daunenjacken)
    Kurzer Exkurs zum Thema Daune – natürlich stammt das Material von Tieren und entsprechend dürfen wir auch hier beim Kauf Bewusstsein entwickeln.
    Eine Möglichkeit ist 2nd hand Kauf, die andere auf eine entsprechende Prduktion zu achten. Eine Übersicht über 5 Firmen, die bei der Produktion auf das Tierwohl achten findest du hier.
  • Mütze, Schal, Handschuhe (mit denen man sichern kann)
  • Dicke Wollsocken
  • feste Schuhe mit dicker Sohle…

Alles irgendwie Standard.

Was zusätzlich hilft ist eine doppelte Hose (Leggins/Themostrumpfhose/Skiunterwäsche) unter der Kletterhose, mehrere Jacken beziehungsweise im generellen das Zweibelprinzip anwenden… Tops, Tshirt, Longsleeve, Fleece, Daune… eine Lage auf der anderen.
Je nachdem wie warm oder kalt es ist verschwindet eine oder mehr Schichten zum Klettern.
Auch Zusätzliche Hardshelljacken und -hosen bieten dann noch Schutz vor Wind.

Aber irgendwie ist das ja alles Standard.
Was noch tolle Extras sind, sind Daunen (oder Kunstfaser) Überröcke oder Überhosen. So bleibt der Po warm!
Zu finden z.B bei Bergzeit, Decathlon oder sogar auch bei Aldi oder Hofer zur rechten Jahreszeit.

Gute Handschuhe sind ein Muss!

Zwischen den Gos und auch beim Aufwärmen sind Handschuhe ein absolutes Muss.
Es macht Sinn in wirklich gute, warme Handschuhe zu investieren, die einerseits warm halten, mit denen man aber auch noch das Seil vernünftig handeln kann beim Sichern.

Ein cooles Gimmik sind hier beheizbare Handschuhe!
Die Handschuhe haben einen eingenähten Heizdraht und verfügen über eine Batterie. Man kann normalerweise verschiedene Heizstufen wählen…
Für alle diejenigen, denen normale Handschuhe nicht ausreichen 😉
Einfach Googeln und  mal etwas rumstöbern.

 

Außerdem sind Wechselklamotten sinnvoll, wenn man einen langen Zustieg hat.
In durchgeschwitzten Klamotten versuchen warm zu bleiben ist ziemlich aussichtslos.
Dementsprechend macht es Sinn für die untersten Schichten (Top & Longsleeve beispielsweise) Ersatzmontur einzupacken, damit man in trockenen Klamotten den Tag verbringen kann.

Essen & Trinken – fuel your oven!Frau trinkt Tee am Fels mit Bergpanorama

Die Kälte zieht einem wirklich extrem viel Energie.
Deshalb ist wichtig an kalten Tagen entsprechend regelmäßig per Nahrung dem Körper Energie zuzuführen, damit er effizient heizen kann 😉

Natürlich darf der heiße Tee an kalten Wintertagen nicht fehlen!
Genauso ist warme Nahrung sinnvoll. Vom morgendlichen, warmen Porridge noch eine Portion mitnehmen zum Fels und man hat eine warme, energiereiche Zwischenmahlzeit.

3 Grundregeln fürs Klettern im Winter

  • Gemütlich starten!
    Direkt mit den ersten Sonnenstrahlen an der Wand sein gibt einem zwar mehr Zeit zum Klettern, allerdings steht man dann erstmal in der Kälte, da Fels, Boden & Luft etwas Zeit brauchen sich durch die Sonne anzuwärmen.
    Dementsprechend kann man im Winter getrost etwas später starten und lieber noch einen zweiten Kaffee daheim trinken 😉
  • Schnelle Wechselzeiten
    Am sinnvollsten sind im Winter beim Seilklettern kurze Touren, sodass man beim Sichern nicht komplett auskühlt. Je kälter es ist, umso schneller sollte man wieder wechseln, damit der Kreislauf auf Trab bleibt und die Hände nicht ausgekühlt sind.
    Klar ist dabei die Crux genug Regenerationszeit zwischen den Versuchen zu haben, aber nicht auszukühlen. Falls man doch mehr Pause braucht heißt das eben einen neuen Aufwärmdurchgang zu starten. Zumindest für den Kreislauf und die Finger.Sollten die Routen doch etwas länger sein, ist das sicher eine gute Übung schneller zu klettern 😉
    Wer auch im Winter projektieren will, dem würde ich raten beim Ausbouldern eine bestimmte Zeit zu setzen und dann wieder zu wechseln, beziehungsweise sich miteinander abzusprechen wie warm/kalt der andere unten gerade ist und wie viel Zeit noch passt, ohne dass der Kletterpartner dann als Eiszapfen dort steht.
  • Wenn es zu kalt ist zum Klettern – geh bouldern
    Sollte es gar zu kalt sein gemeinsam klettern zu gehen, wo man sich immer nur abwechselnd bewegen kann, ist spätestens jetzt die Bouldersaison einzuläuten.
    Beim Bouldern können sich beide besser warmhalten. Die Zeit während einer probiert ist kürzer, die Wechsel schneller und der Felskontakt viel kürzer.
    Bouldern geht im Winter meist noch besser als Klettern.

 

Aufwärmen

zwei Frauen beim Aufwärmen fürs Klettern am Fels

Wir wissen alle: aufwärmen ist für unseren Körper enorm wichtig, damit wir leistungsfähig sind und weniger verletzungsanfällig.
Bei den kalten Temperaturen bekommt das Aufwärmen einen noch höheren Stellenwert als sonst. Meist reicht es nicht, einfach eine leichtere Route zu Klettern.

Bevor man überhaupt das erste Mal an die Wand geht, aber auch zwischen den einzelnen Routen können einige Routinen helfen den Körper (wieder) warm zu kriegen.

Step 1 – Herz-Kreislauf
Das wichtigste dabei ist zunächst den Kreislauf hochzukriegen. Wie man das macht ist jedem selbst überlassen…
Auf der Stelle laufen und hüpfen, den Hang nochmal runter und wieder hochlaufen, Hampelmänner, Hocksprünge, Burpees… Alles Dinge, die den Kreislauf gut in Schwung bringen.
Am besten in voller Montur, damit die Wärme auch ordentlich hält.

Step 2 – Gelenke
Außerdem ist dann sinnvoll alle Gelenke einmal durchzubewegen… Fußgelenke, Knie, Hüfte, Schultern, Ellbogen, Hände… zum Beispiel durch kreisende Bewegungen innerhalb des normalen Bewegungsradius.
Wahrscheinlich kann man danach gleich noch eine kurze Runde Hampelmänner einlegen… Damit der Kreislauf ja nicht zu weit runterfährt.

Step 3 – relevante Muskelgruppen
Auch das Elastikband eignet sich super, um bestimmte Muskelgruppen schonmal anzusteuern und auf ihren Einsatz vorzubereiten.
Als Beispiel findet ihr z.B. bei Bergwelten ein paar Übungen zum Aufwärmen.

Step 4 – Hände & Finger
Und dann sind da noch die Hände und Finger…
Neben den kalten, gefühlstauben Zehen im Kletterschuh der limitierende Faktor beim Klettern im Winter.

Wie bekommt und hält man seine Hände warm?

  • Nimm einen Knetring mit, den du dem Zustieg zur Wand bereits nutzt, um die Finger durch Kneten etwas aufzuwärmen.
  • Ein portables Fingerboard eignet sich super, um vor dem (ersten) Einstieg die Finger etwas warm zu kriegen.
    Am Baum, oder einem ersten Haken befestigt kann man verschiedene aufbauende Hängeübungen machen, um die Finger warm zu kriegen.
    Ein guter Start ist oft erst einmal an den größeren Griffen zu hängen, vielleicht ein paar Klimmzüge zu machen
    (Wenn man noch ein Entlastungsband mitnimmt sind die Klimmzüge auch leichter und besser zum Aufwärmen)
    Danach sollte man sich langsam steigern und versuchen die kleineren Griffe zu halten.
    Wichtig ist dabei, dass man zwischendurch auch den Kreislauf wieder hochbringt.
    Oft wollen die Finger nicht so richtig warm werden, wenn die Pumpe wieder runterfährt.
    Gerade an den größeren Griffen kann man zu Beginn sogar noch mit Handschuhen hängen, damit die Finger nicht gleich mit der Kalten Umgebung konfrontiert sind. Allerdings sollte man dabei drauf achten nicht abzurutschen.
  • Warm up goe´s
    Als dritte Möglichkeit bietet sich an, die Tour, in die man einsteigen will (gerade wenn man projektiert), bis zur dritten oder 4ten Exe hochzuklettern, dann wieder runter zu kommen, einen Moment zu warten bis das Blut in die Finger kommt und die Finger sich erwärmen und erst dann mit dem eigentlichen Go zu starten.
    Natürlich ist das aber nur sinnvoll, wenn auf den ersten paar Metern nicht direkt die Crux der Tour ist, wo man schon kleine Griffe zuknallen und Vollgas geben muss.
    Außerdem sollte man vorweg den restlichen Körper entsprechend angewärmt haben.

Aus eigener Erfahrung und Gesprächen mit Freunden würde ich sagen: das wichtigste, um die Finger warm zu kriegen/halten ist den Kreislauf anzuregen.
Aber klar, für jeden funktionieren andere Methoden unterschiedlich gut.
Jeder Körper reagiert anders und es gibt eben Personen mit einer besseren und einer schlechteren Durchblutung.

Zustieg zum Klettergebiet durch den SchneeNützliche Add-ons für warme Finger:

Nun gut, wenn man es geschafft hat die Finger vor dem Klettern warm zu kriegen kommt immer noch die Herausforderung beim Klettern, mit dem kalten Fels unter den Händen, warme Finger zu behalten.
Ein Tipp hierfür sind Taschenwärmer oder auch ganz einfach warme Steine, die man über dem Gaskocher angewärmt hat.
Eines der beiden im Chalkbag versteckt sorgt zumindest beim Nachchalken für kurzzeitige Wärmezufuhr an Händen bzw Fingern.

Allerdings ist es nunmal so, dass jeder eine unterschiedlich gute Durchblutung in den Händen hat.
Manche Menschen brauchen einmal warme Finger haben und können die Wärme und gute Durchblutung den Tag über mit Hilfe von Handschuhen und wieder Klettern halten. Andere bekommen schon bei 10 Grad Durchblutungsprobleme in den Händen…
Jeder muss da selbst für sich abschätzen wie hoch die eigene Schmerztoleranz ist und sich überlegen, ob man Verletzungen durch unterkühlte Finger in Kauf nehmen will oder nicht.

 

Ein weiteres Thema:

Wie hält man die Füße beziehungsweise Zehen in den Kletterschuhe warm?

Auch die Füße werden im Winter schonmal ziemlich kalt, besonders wenn die Blutzufuhr so eingeschränkt ist, wie in den engen Kletterschuhen.

Mal abgesehen von guten Winterschuhen mit dicken Wollsocken der erste und wichtigste Tipp:
Steck dir die Kletterschuhe schon beim Zustieg mit unter die Daune/Jacke. So werden die kalten, starren Gummibazen schonmal von der Körperwärme etwas angenehmer.
Und natürlich kommen die nach jeder einzelnen Route auch wieder dort hin. So kühlen die Schuhe nicht so stark, beziehungsweise garnicht aus.
Je näher man die Schuhe am Körper hat, umso besser. Auch wenn das vielleicht nicht so angenehm riecht 😀
Aber hey, sind ja alles Felsklamotten.
Wer es noch wärmer haben will kann sich natürlich wiederum zwischen den Gos, beim Sichern, warme Steine in die Schuhe stecken udn dann ab unter die Daune.
Auch kann man sich überlegen, ob man sich einen Schuh zulegt, der eine halbe Nummer größer ist und im Winter mit Socken klettert…
I know.. Frevel so etwas überhaupt zu sagen… Aber bevor man wegen erfrorener Zehen garnicht klettert?

 

Ein schöner Klettertag im Winterwonderland

Ich hoffe es waren ein paar neue und hilfreiche Tipps für dich dabei und du lässt dich auch von Schnee nicht mehr vom Klettern abschrecken…
Dann kann nämlich ein Winterklettertag auch so aussehen:

 

Auf Ski zum Klettern durch die WinterlandschaftKlettergebiet mit SchneeFrau mit Seil beim Klettern im Winter

 

Gibts noch weitere Tipps, die dir hier fehlen?
Was ist dein bester Tipp um dich im Winter warm zu halten?
Schreibs mir in die Kommentare!

Und wenn Winterklettern einfach überhaupt nicht deins ist und due vielmehr auf Sonne und Meer stehst, dan schau gern mal bei meinen Kletterreisen rein.
Vielleicht findest du ja das Richtige um dem Winter zu entfliehen.

Alles Liebe und rock on,

Deine Aletta

 

 

Bildcredit:
Andrew Pawlby
Ulrich Donabaum
Portrait: Thomas Straub

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