Dezember, Jahresende, Weihnachten steht vor der Tür und damit auch das neue Jahr und die guten alten Neujahrsvorsätze.
Wir alle kennen sie… Ich hör mit dem Rauchen auf, ich mach Sturztraining, ich lerne die und die Sprache etc.
Nach 1-2 Monaten sind die Vorsätze oft schon wieder lockerer geworden, oder gar mental aufs nächste Jahr vertagt.
Deshalb soll es in diesem Artikel ums Ziele setzen gehen.
Darum, wie wir Ziele formulieren, damit sie greifbar und durchführbar werden.
Aber auch darum, welche Ziele uns mental wachsen lassen und welche uns eher im Weg stehen.
Wenn du noch überlegst, worauf du dich fokussieren möchtest, deine Ziele nochmal überprüfen willst, oder ein paar neue Anregungen suchst, dann lies weiter!
Wir starten mit den 5 Komponenten, die ein Ziel braucht, damit es auch ein sinnvoll gesetztes Ziel ist.
Solltest du die SMART Formel schon kennen lies einfach hier weiter für die Tipps, deine Ziele leichter zu erreichen.
Die SMART Formel
Das Ziel – besser Klettern… Kennste?
Ich glaube viele wollen das. Nur leider ist diese Formulierung kein gut gesetztes Ziel.
Wenn wir uns überlegen, was wir erreichen möchten, macht es Sinn der SMART Formel zu folgen.
Die ist recht einfach. Ein Ziel sollte:
S Spezifisch M messbar A attraktiv R realistisch T terminiert sein.
Also wir sehen am Beispiel „besser Klettern“ schon… weder spezifisch, noch wirklich messbar, noch terminiert… Die Attraktivität sei in Frage gestellt, da ich noch keine wirkliche emotionale Verbindung zu dem Ziel „besser“ Klettern spüre. Realtisch – ja okay 😉 das sicher.
Entsprechend sinnvoller ist es, diese 5 Punkte einzuhalten und das eigene Ziel einmal zu überprüfen.
Hier sind 5 Fragen, die dir helfen dein Ziel zu überprüfen und verfeinern:
- Was genau bedeutet für mich „xxx“ (hier z.B. besser)? – mach die Formulierung so spezifisch wie möglich. Z.B mental befreiter Klettern, Überhänge klettern können, den Füßen mehr vertrauen, einen bestimmten Grad schaffen, etc.
- Woran erkenne ich, dass ich mein Ziel erreicht habe? Wie fühlt sich das an oder was habe ich dann geschafft?
z.B.: eine 6 im Überhang geschafft, einen Plattenboulder ohne Hände geklettert, einen Dyno geschafft, ich kann 40cm überm Haken stehen, ohne Schweißausbrüche, die erste 7a geklettert - Warum will ich dieses Ziel erreichen? Was daran motiviert mich?
Du brauchst bestenfalls ein starkes emotionales Bild, das zu deinem Ziel passt und mit dem du dich identifizierst und was (NUR FÜR DICH) absolut erstrebenswert ist. Egal was andere für Ziele haben - Wie realistisch ist dieses Ziel für mich?
Hier gilt es, beim Ziel setzen die Waage zu halten zwischen dem inneren Kritiker, den viele von uns haben, der sie klein hält und dank dem sie sich nicht so viel zutrauen (passiert meist eher den Frauen) und nicht in Größenwahn zu verfallen (passiert meist eher den Männern)
Dein Ziel sollte realistisch sein, also für dich vorstellbar und erreichbar. - Bis wann habe ich dieses Ziel erreicht?
Setze dir einen Termin!
Und? Hast du dein Ziel jetzt klarer formuliert?
Okay, wie stellst du jetzt sicher, dass du dieses Ziel auch wirklich erreichst?
Du kannst mit ein paar Kleinigkeiten etwas nachhelfen, dass dein Ziel auch wirklich in Erfüllung geht.
Deshalb:
4 Tipps, wie du dein Ziel noch leichter erreichst.
1 Zwischenziele
Hast du dir ein großes Ziel gesetzt, das vielleicht auch einen langen Zeitrahmen hat, dann definiere Zwischenziele! Mach den Berg kleiner.
Unser Gehirn fährt auf Belohnung ab und wenn wir etwas erreichen springt unser Belohnungssystem an. Je mehr Zwischenziele du dir auf dem Weg zum Endziel setzt und erreichst, umso mehr Erfolgserlebnisse hast du auf dem Weg dahin und umso wahrscheinlicher ist, dass du am Ball bleibst und dein Ziel erreichst.
In langen Routen klettert man ja auch von Rastpunkt zu Rastpunkt und bricht das ganze herunter 😉
2 Plane deine Schritte
Je genauer du weißt, was du auf deinem Weg zum Ziel zu tun hast, umso leichter fällt es, die Dinge umzusetzen. Außerdem stellst du so auch fest, ob dein zeitlicher Rahmen für dein Ziel machbar ist, oder die Aufgaben und Teilschritte zu viele werden, um sie wirklich umzusetzen.
Je klarer dein Plan ist umso besser.
Für viele angestrebte Kletterziele hilft hier natürlich ein detaillierter Trainingsplan.
Nur beachte! Mach deinen Plan nicht zu voll! Er sollte durchführbar sein.
Hängst du bereits nach einer Woche hinter deinem Plan hinterher, so ist das alles andere als motivierend.
3 Accountability
Sorge für Accountability (sorry, da gibt’s auf Deutsch einfach kein gleichwertiges Wort).
Such dir jemanden, oder sogar ein paar mehr Menschen, denen du von deinem Ziel erzählst. Teile dein Ziel. Je öffentlicher du das Ziel machst, umso mehr Zeugen gibt es und umso größer ist normalerweise der Ansporn dein Ziel auch durchzuziehen.
Je öfter du dein Ziel schon laut ausgesprochen hast, umso realer wird es auch für dich.
Am besten suchst du dir noch jemanden, der dich auch immer mal wieder auf deinen Fortschritt anspricht und dir notfalls liebevoll in den Hintern tritt, weiter zu machen 😉
4 Wer schreibt, der bleibt…
Das wissen wir alle. Deshalb schreib dein Ziel auf! Bzw eigentlich geht es vor allem um die Visualisierung, damit du dir dein Ziel immer wieder vor Augen halten kannst. Das kann ein einfaches Postit mit deinem Ziel sein, oder ein Visionboard mit Bildern und Zeichnungen, die mit den Emotionen, die zu deinem Ziel gehören verknüpft sind.
Wenn du eher ein auditiver Typ bist kannst du natürlich auch diesen Kanal nutzen.. Ein Song, der zu deinem Ziel passt, ein Mantra etc.
Was auch immer dir einfällt. Wichtig ist eine stetige Erinnerung an dein Ziel zu haben.
Okay, soweit so gut.
Ich hoffe das hilft dir schonmal dein Ziel soweit greifbar zu machen und am Ball zu bleiben.
Jetzt möchte ich noch auf zwei Punkte eingehen, die eher mit der mentalen Komponente und unseren gesellschaftlichen Strukturen zusammenhängen.
Hin zu statt weg von – die Kraft der positiven Formulierung
Und, wie geht’s dir so?
Ganz gut … nur auf der Arbeit …..
Egal ob Freunde, Bekannte, Familie oder man selbst…die meisten Menschen neigen dazu den Fokus auf die Dinge zu legen, die nicht so gut laufen.
So sind wir Menschen gestrickt… wir sind absolute Optimierer. Darauf ausgelegt Dinge, die nicht glatt laufen, in den Griff zu kriegen.
Das zeigt sich natürlich auch in unserer westlichen Welt in unseren „Luxusproblemen“.
Und in all den alltäglichen Gesprächen. Viele neigen dazu von den Dingen zu berichten, die nicht so gut laufen, anstatt von denen die gerade super sind oder glatt laufen.
Mal abgesehen davon, dass es für die mentale Gesundheit nicht gut ist immer das Haar in der Suppe zu suchen, anstatt die Suppe zu genießen… findet sich dieses Verhalten genauso beim Setzen von Ziele.
Hör einmal den Menschen zu, wenn sie dir von etwas berichten das sie ändern wollen.
Die meisten fokussieren sich dabei auf das Problem. Klar, denn das ist ja erstmal präsent.
Oft können sie sehr genau benennen, was sie nicht mehr wollen (Angst haben, jeden Tag 10 Stunden arbeiten, dass das Geschirr immer rumsteht)
Mit der Formulierung, was sie sich stattdessen wünschen und zwar ganz ohne ein NICHT im Satz, tun sich die meisten eher schwer.
Das Problem an NICHT-Formulierungen
Weshalb ist es so wichtig sein Ziel positiv zu formulieren?
Erstmal liegt der Fokus bei der „Nicht“ Formulierung immer noch auf dem Problem.
Und zweitens überhört unser Gehirn ein Nicht sehr gern.
Verneinungen verwirren das Gehirn durch zwei unterschiedliche Nachrichten (die Information und die Verneinung) an zwei Gehirnhälften, wordurch die insgesamte Verarbeitung verlangsamt ist.
Das Nein oder Nicht wird also erst sekundär wahrgenommen.
Formulieren wir ein Ziel jetzt in der negativen Version, so wiederholen wir quasi innerlich immer nur das Problem.
Deshalb ist es wichtig aktiv eine positive Formulierung für sein Ziel zu finden.
Statt „ich möchte keine (oder weniger) Angst mehr haben im Vorstieg“ lieber –
„ich möchte mich im Vorstieg frei bewegen können“,
…“auf die Bewegungen konzentrieren können“,
…“entspannt sein“…
oder wie auch immer die positive Formulierung für dich aussieht.
Überprüfe jetzt nochmal dein Ziel – ist es positiv formuliert?
Was zählt? Das Ziel erreichen oder der Weg dorthin?
Kommen wir jetzt zu einem anderen Thema im Zusammenhang mit Zielen, das für unsere mentale Gesundheit ungemein wichtig ist.
Wir alle leben in einer Leistungsgesellschaft und haben entsprechende Prägungen abbekommen. Hier zählt oft nur das Erreichen eines Endziels, aber nicht so sehr der Weg dorthin.
Ziele und das angestrebte Ziel zu erreichen können uns ungemein motivieren und beflügeln.
Gleichzeitig kann das „nicht Erreichen“ eines Zieles dazu führen, dass wir uns ungenügend oder wertlos fühlen, anfangen uns selbst zu geißeln und uns selbst einreden dass wir versagt haben…
Denn leider haben viele genau das von klein an gelernt – nur wer etwas leistet und erreicht ist auch etwas wert…
Besonders perfektionistisch veranlagte Menschen neigen dazu, hart mit sich selbst ins Gericht zu gehen, wenn sie ihre eigenen Anforderungen nicht ganz erfüllt haben.
Oder aber man erreicht sein Ziel, aber auf dem Weg dahin geht man ständig über die eigenen Grenzen – egal ob körperlich oder mental – nicht gerade ideal!
Das Endziel – angstfrei Klettern…
Gerade Klettern ist aber ein Sport, der die mentale Komponente extrem fordert. Und bei der gibt es nunmal nicht schwarz oder weiß. Angst wird ein ständiger Begleiter sein und uns beim Klettern immer wieder begegnen – je nach Situation.
Angstfrei klettern… ich weiß nicht, ob es dieses Endergebnis überhaupt gibt. Sicher, in bestimmten Graden und eine gewisse Distanz überm Haken. Aber wenn dann die Arbeitswoche stressig war, oder man auf einmal mit Trad klettern anfängt, sieht die Welt wieder ganz anders aus.
Gerade in dieser Ebene sind Ergebnisziele oft nicht so hilfreich und es ist besser sich prozessorientierte Ziele zu definieren.
Das heißt es geht nicht nur ums Erreichen der Zielgerade, sondern auch wie wir dort hinkommen.
Wenn ich mich selbst in 6 Monaten innerlich 30 mal richtig nieder mache und nur so erreiche, dass ich das Ziel auch wirklich schaffe, so ist zwar das Ziel erreicht… aber um welchen Preis?
Die eigene mentale Gesundheit hat dabei sicherlich keinen positiven Push bekommen.
Ist dein Ziel beispielsweise mental stärker zu werden, so müssen wir das einerseits natürlich noch klarer definieren (s.o.😉).
Andererseits ist besonders hier der Weg das Ziel.
Mentale Stärke heißt auch, mit sich selbst liebevoll umzugehen, ein positives Selbstbild zu entwickeln, sich selbst motivieren und unterstützen zu können.
Es findet also ein enormer innerer Prozess statt und dieser Prozess ist genauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger als das Ergebnisziel (bspw irgendeinen Grad schaffen).
Wer von sich selbst weiß, dass er/sie negative Denkstrukturen hat und sich selbst herunter macht, der sollte sich überlegen ob nicht eine prozessorientierte Herangehensweise an ein definiertes Ziel sinnvoller ist.
Das bedeutet auf dem gesamten Weg immer wieder innezuhalten und sich selbst zu fragen, ob die Art und Weise wie man jetzt zu seinem Zwischenziel gekommen ist ein positiver Prozess war oder nicht. Außerdem zu reflektieren, was man aus diesem Teil über sich selbst gelernt hat und womit man sich selbst schwer tut…
Prozessorientierte Ziele helfen im Moment zu sein und das innere Wachstum zu fördern
Bei prozessorientierten Zielen geht es vor allem darum, den inneren Prozess so anzunehmen wie er ist und mit dem was aufkommt zu arbeiten, zu hinterfragen was man daraus über sich selbst lernen kann und wie man sich hier weiterentwickeln kann.
So sind wir insgesamt viel mehr im Hier und Jetzt, statt in Gedanken bei dem Ergebnis das ja immer in der Zukunft liegt.
Außerdem sind die kleinen Learnings auf dem Weg – gerade bei der mentalen Komponente – oft viel wertvoller für unsere Entwicklung als Kletter:in und Person.
Es geht also vielmehr darum sich selbst als Person besser kennenzulernen und weiterzuentwickeln.
Ob am Ende dann das ursprüngliche Ziel erreicht wird oder eben nicht, ist dann meist relativ unwichtig, da man auf dem Weg dorthin schon so viel mitgenommen hat und sich allein deshalb das Ziel gelohnt hat.
Für den eigenen Prozess.
Prozessorientierte Ziele könnten zum Beispiel sein:
- In Versuchen im Projekt immer sein Bestes zu geben – mit ganzem Herzen dabei sein!
- Nur dann in eine Tour einzusteigen, wenn man wirklich Lust auf die Tour hat.
- Den Glauben an sich aufrecht erhalten, egal wie oft man schon in eine Tour eingestiegen ist.
- Mit sich selbst liebevoll umzugehen und sich selbst „die beste Freundin“ sein, wenn man weiß man neigt dazu sich selber fertig zu machen.
oder, oder… prozessorientierte Ziele sind sehr individuell.
Im Endeffekt geht es darum, zu überlegen wo man sich selbst am meisten innerlich im Weg steht und den Fokus darauf zu setzen, sich in diesem Aspekt weiterzuentwickeln.
Auch wenn man eine Route nicht geschafft hat, dabei aber einen Sturz in Kauf genommen hat, der einem sonst Angst eingejagt hat, oder einen super Kletterfluss hatte, oder aber wirklich bis auf die letzte Rille alles gegeben hat… all das sind Erfolge, die es zu würdigen gilt.
Ich denke je mehr wir es schaffen diese Erfolge zu feiern, umso mehr Freude macht das Klettern und umso mehr stehen wir auch in Kontakt mit uns selbst.
Das – finde ich – ist eigentlich das größte Ziel 😉
Eine Mischung aus einem ergebnisorientierten Ziel und dabei zusätzlich prozessorientierte Ziele zu setzen ist, denke ich, die sinnvollste Variante wenn man sich insgesamt als Kletter:in weiterentwickeln will.
Deine Aletta
Bildcredit:
Peter Wormstetter
Ronnie Overgoor
Ashley Whitlatch
Thomas Straub